Arthotel

War ich also neulich mal in einem Arthotel. In Wien. Der Stadt meiner Jugend. Der Stadt, in der ich begann, jener zu werden, der ich heute bin. Fünf Jahre als Student habe ich dort gewirkt. Naturgemäß immer gelitten unter der östischen Unfreundlichkeit, sie naturgemäß immer gehasst. Wien ja, Wiener nein, das habe ich immer gesagt. Schön, dass es auch viele Tschuschen gibt in Wien und Katzlmacher, wie ich einer bin.

Also gut, ich war im Arthotel, neu gebaut vom Herrn Jean Nouvel, am Donaukanal. Führt mich der Diener in mein Zimmer, öffnet die Tür. Alles grau. Wände, Boden, Badewanne, Waschbecken, Sitzecke. Der Boden reiner Beton, grau lackiert. Als Bettvorleger: Isomatte. Sagt der Diener mit französischem Akzent: „Monsieur Nouvel at gemacht nur drei Farben Simmer. Sie aben graues Simmer.“ Das war nicht zu übersehen. Ganz im Gegensatz zum Kunstwerk, auf das er mich hinwies, an der Wand. „Ist ein Transscript von eine Video von einer Künstlerin.“ Aha. Wo? Da sah ich es: Mit dünner weißer Kreide waren Sätze an die graue Wand geschrieben. Kryptisches.

Sagt der Diener: „Es git keine Bilder, weil Monsieur Nouvel at gesagt: Die Stadt ist das Bild.“ Sprach es und deutet auf graue Schiebeläden, die man vor der Glasfassade so zuziehen kann, dass ein Bild der Stadt vor dem Fenster entsteht: Hochformat, Querformat, mit Stefansdom oder mit Urania, ganz nach Belieben. Immerhin, ein schöner Einfall.

Ansonsten gilt hier das absolute Primat des Architekten: Lichtschalter am Bett: Nur auf Knien zu erreichen. Betonboden: Nur mit den gummierten weißen Hotelschlappen gefahrlos betretbar. Denn ein paar Wassertropfen, die gerne mal aus der praktischen Walk-In-Dusche ohne Tür rinnen, werden zur Glatteisfalle. Die kubistische Sitzecke: ganz mit einem schweißträchtigen Gummi-Stoff bezogen.

Freundin M. meinte bei kurzer Besichtigung: „Wie am Campingplatz“. In der Schranktür stand der Zimmerpreis fürs kleine Graue: 500 Euro. Fast geschenkt.

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